Street-Art

Beiträge zum Thema „Street-Art“ am Teufelsberg Berlin.

Devita – Frauen im Fokus

Im März 2024 verwandelte das Power of Female Art Festival Teufelsberg in eine lebendige Leinwand für starke, künstlerische Statements. Eine der herausragenden Künstlerinnen dieses Jahres war Devita (Devata Pätsch), deren beeindruckendes Wandgemälde Besucher*innen in den Bann zieht.

Farbe, Ausdruck, Emotion

Das Werk, das Devita im Rahmen des Festivals auf Teufelsberg geschaffen hat, zieht mit seinem intensiven Ausdruck und seiner tiefgehenden Symbolik sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Es zeigt eine Frau mit dunklen, offenen Haaren, deren Blick durchdringend und zugleich verletzlich wirkt. Besonders eindrucksvoll ist die Geste ihrer Hand, die einen mit Stacheldraht umwundenen Hals berührt – ein starkes Bild für Unterdrückung, Widerstand und den Kampf um Selbstbestimmung.

Die Farbgebung des Porträts ist warm und erdig, mit einem tiefen Blau als Hintergrund, das die Intensität des Motivs noch verstärkt. Devita gelingt es, durch feine Nuancen in Mimik und Gestik eine starke emotionale Verbindung zwischen dem Kunstwerk und den Betrachtenden herzustellen. Ihre Technik kombiniert realistische Portraitkunst mit einer erzählerischen Symbolik, die sich nahtlos in die Thematik des Festivals einfügt.

Ihr Beitrag zum Power of Female Art Festival 2024 steht exemplarisch für ihre künstlerische Mission: Frauen in ihrer Vielschichtigkeit darzustellen, ihre Stärken und Herausforderungen sichtbar zu machen und gesellschaftliche Strukturen zu hinterfragen.

Devita im Porträt

Devita wurde 1985 in Cuxhaven geboren und lebt und arbeitet heute in Berlin. Ihre künstlerische Ausbildung absolvierte sie in Osnabrück und Leipzig mit dem Schwerpunkt Visuelle Medien in der Kunstpädagogik. Während ihrer Auslandsaufenthalte in Spanien, Argentinien und Mexiko prägte sie eine Vielfalt an kulturellen Einflüssen, die sich bis heute in ihrer Motivwahl widerspiegeln.

Ein zentrales Element ihrer Arbeit ist die Darstellung weiblicher Figuren. Ihre Portraits sind nicht nur realistische Abbildungen, sondern tragen auch eine tiefere Botschaft. Devita setzt sich intensiv mit Fragen der Emanzipation und gesellschaftlich verankerten Rollenbildern auseinander. Dabei integriert sie oft folkloristische Elemente, die ihre Werke besonders kraftvoll und erzählerisch machen.

 

Devita hat bereits in Metropolen wie Berlin, Leipzig, München, Melbourne und Adelaide gemalt. Ihre Arbeiten sind in den urbanen Landschaften dieser Städte fest verankert und geben Menschen eine Stimme, deren Geschichten oft nicht gehört werden.

Mit ihrem Wandgemälde auf Teufelsberg hat Devita nicht nur ein visuelles Highlight des Festivals geschaffen, sondern auch ein künstlerisches Statement gesetzt. Ihre Kunst berührt, regt zum Nachdenken an und bleibt in Erinnerung – genau das, was das Power of Female Art Festival ausmacht.

Sr. Papá Chango – Fantasie trifft Realität

Seit 2019 schmückt ein ganz besonderes Werk des mexikanischen Künstlers Sr. Papá Chango die erste Etage der Galerie. Mit seiner farbenfrohen, fast kindlichen Ästhetik erschafft der mexikanische Künstler eine Szene, die sowohl berührt als auch zum Nachdenken anregt. Seine Kunst verbindet Fantasie mit dem Alltag und setzt ein klares Zeichen für Menschlichkeit, Offenheit und globale Verbundenheit.

Eine Szene voller Emotionen

Das Mural trägt den Namen „No Borders! Will accept love“ und zeigt eine Gruppe skurriler, pelziger Wesen in intensiven Farben. Auf der linken Seite sitzt ein großes, traurig wirkendes, blaues Wesen mit gesenktem Blick. Vor ihm steht ein Schild mit der Aufschrift „Will accept love“ – eine Botschaft, die in ihrer Schlichtheit tief trifft. Gegenüber steht ein kleineres, rot-orangefarbenes Wesen mit ausgestreckten Armen, als ob es Trost oder Freundschaft anbieten möchte. Dazwischen ein kleiner Hund – eine universelle Metapher für Loyalität und bedingungslose Liebe. Die Szene strahlt eine berührende Mischung aus Melancholie, Hoffnung und Verbundenheit aus.

Der Titel „No Borders! Will accept love“ gibt dem Werk eine noch tiefere Bedeutung. Auf den ersten Blick könnte man „No Borders“ politisch verstehen – als Kritik an physischen Grenzen zwischen Ländern. Doch das Mural spricht eine universellere Sprache: Welche Grenzen errichten wir im Alltag? Es geht um soziale Barrieren, um Ausgrenzung und um die Mauern, die zwischen Menschen bestehen.

Das große blaue Wesen wirkt nicht nur traurig – es scheint isoliert, übersehen, vielleicht sogar ignoriert. Doch es bittet nicht um Geld oder materielle Hilfe, sondern um etwas viel Grundlegenderes: Liebe. Es ist eine stille Erinnerung daran, dass jeder Mensch – unabhängig von Herkunft oder sozialem Status – das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Zuneigung hat. Sr. Papá Chango bringt uns mit diesem Werk dazu, über unsere eigenen Grenzen nachzudenken und darüber, wie oft wir diejenigen übersehen, die eigentlich nur ein wenig Mitgefühl brauchen.

Kunst als Sprache für globale Themen

Sr. Papá Chango ist ein mexikanischer Künstler mit Wohnsitz in Berlin. Seine Werke zeichnen sich durch eine einzigartige Mischung aus Fantasie und Alltag aus. Er erschafft bunte, lebendige Welten voller Charaktere, die auf den ersten Blick verspielt wirken, aber tiefgründige Botschaften vermitteln.

Es ist mir sehr wichtig, Menschen für aktuelle globale Themen zu sensibilisieren. Deshalb informiere ich mit meinen unschuldigen Murals auf klare und einfache Weise – mit der Absicht, Herz und Verstand zu berühren.

Seine Kunst geht über Ästhetik hinaus – sie ist ein Instrument, um gesellschaftliche und politische Themen sichtbar zu machen. Grenzen, soziale Ungerechtigkeit und menschliche Verbundenheit sind wiederkehrende Motive in seinen Werken. Das Mural am Teufelsberg verdeutlicht dies auf eine poetische Weise: Liebe kennt keine Grenzen, und jeder verdient Zuneigung und Mitgefühl.

In den letzten sechs Jahren hat Sr. Papá Chango seine Kunst auf der ganzen Welt ausgestellt – von Deutschland über Spanien, Rumänien, Australien, die Niederlande, Belgien, Kolumbien bis hin zu Mexiko. Sein Ziel ist es, nicht nur Kunstwerke zu hinterlassen, sondern auch mit Gemeinschaften und Menschen in Kontakt zu treten.

Mit seinem Mural am Teufelsberg ist es ihm gelungen, einen Teil der Urban Art Culture in Berlin mitzugestalten und eine bleibende Botschaft zu hinterlassen. Sein Werk erinnert uns daran, dass Empathie, Liebe und Zusammenhalt universelle Werte sind – unabhängig von Herkunft, Grenzen oder Sprache. Das Kunstwerk lädt dazu ein, einen Moment innezuhalten, die Botschaft auf sich wirken zu lassen – und vielleicht auch darüber nachzudenken, wie wir selbst ein kleines bisschen mehr Liebe in die Welt bringen können.

Madcins – Psychedelische Street Art trifft auf Berlins Underground

Hoch oben auf der Dachterrasse des Teufelsbergs strahlt seit Mai 2024 ein neues, energiegeladenes Kunstwerk: das Mural von Madcins, entstanden im Rahmen der Live Street Art Woche 2024. Mit leuchtenden Farben, hypnotischen Augen und grinsenden Gesichtern zieht es sofort die Aufmerksamkeit auf sich. Doch hinter dieser verspielten Fassade steckt weit mehr – eine intensive Auseinandersetzung mit Kontrasten, Emotionen und der einzigartigen Atmosphäre Berlins.

Psychedelische Visionen in Pink und Lila

Madcins beschreibt sein Werk als eine Mischung aus psychedelischen Augen und breiten, leicht unheimlichen Grinsen, die in kräftigen Farben über die Wand tanzen. Sein Werk ist eine Kombination aus leuchtenden Farben und surrealen Elementen, die perfekt zur Underground-Kultur Berlins passen: „Ich habe mich für einen psychedelischen Stil entschieden, weil er – aus meiner Sicht – perfekt zur Underground-Szene Berlins passt: starke Techno-Beats, Freiheit, Exzess und das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren.“

Die dominierende Farbe Pink wurde bewusst gewählt, um sich von der oft grauen Kulisse der Stadt abzuheben. Das Werk spielt mit Widersprüchen: zwischen Ordnung und Chaos, zwischen dem kalten Stadtbild und der wilden Energie, die in Berlins Straßen und Clubs pulsiert.

Seine Kunst ist nicht nur eine visuelle Explosion, sondern spiegelt auch das Spannungsfeld der Stadt wider. Berlin ist roh, düster und urban, doch gleichzeitig voller Kreativität, Freiheit und künstlerischer Energie. Madcins fängt genau diese Dynamik ein, indem er seine grellen, surrealen Figuren auf die Oberfläche der alten Abhörstation bringt.

Von Buenos Aires nach Berlin

Hinter dem Künstlernamen Madcins steckt Juan Manuel, geboren 1991 in Buenos Aires. Seine Reise in die Kunst begann schon früh – als Kind fiel es ihm schwer, sich an Regeln zu halten, und er geriet oft in schwierige Situationen. Doch es gab eine Sache, die ihm half, seine Emotionen auszudrücken: die Kunst. „Kunst wurde für mich zu mehr als nur einer Beschäftigung – sie wurde mein Rettungsanker. Malen war meine Art zu sprechen, wenn Worte nicht ausreichten.“

Mit der Zeit wurde ihm bewusst, dass seine Kunst mehr als nur ein persönlicher Ausdruck war: Sie diente als Brücke, um mit anderen zu kommunizieren und tiefere Fragen des Lebens zu erforschen. Sein Weg führte ihn um die Welt, wo er verschiedene Kulturen und Kunststile aufnahm – von der Street Art Lateinamerikas über die traditionellen Handwerkskünste Asiens bis hin zu den kräftigen Farben und Mustern Europas.

Heute lebt und arbeitet Madcins hauptsächlich in Barcelona, wo er sich nicht nur auf Murals spezialisiert, sondern auch auf Live-Art-Performances. Besonders spannend ist sein Ansatz, Kunst nicht nur auf Wänden, sondern auch auf menschlichen Körpern, Kleidung oder anderen unkonventionellen Leinwänden zu präsentieren.
Seine Kunst ist nicht nur visuell beeindruckend, sondern interaktiv – er möchte, dass Betrachter*innen in seinen Werken ihre eigenen Geschichten entdecken und eine persönliche Verbindung zu den dargestellten Emotionen finden.

Seine Werke sind weltweit zu finden – darunter in Costa Rica, Buenos Aires, Spanien, Brasilien, Mexiko und Berlin. Überall hinterlässt er seine bunte, urbane Handschrift, die stets von Bewegung, Emotionen und Kontrasten lebt.

Sein Werk auf dem Teufelsberg ist ein weiteres Meisterstück in seinem Portfolio – ein Kunstwerk, das nicht nur die Architektur der ehemaligen Abhörstation transformiert, sondern auch die pulsierende Energie des Ortes einfängt.

Land of Julia – Eine brasilianische Hommage auf dem Teufelsberg

Während des Power of Female Art Festivals im März 2024 erhielt der Jambalya-Turm auf dem Teufelsberg ein neues Gesicht. Direkt von der Bar aus sichtbar, schmückt nun ein farbenfrohes Wandgemälde von Júlia Mota Albuquerque, besser bekannt als Land of Júlia, die markante Struktur. Ihre Arbeit verbindet brasilianische Kunstgeschichte mit ihrem eigenen illustrativen Stil und setzt ein lebendiges Zeichen für kulturelle Vielfalt und weibliche Stärke.

Eine Hommage an Tarsila do Amaral

Júlia ließ sich für ihr Mural auf dem Teufelsberg von einer der berühmtesten brasilianischen Malerinnen inspirieren: Tarsila do Amaral. Besonders ihr ikonisches Werk Abaporú, das als eines der wichtigsten Werke der modernen brasilianischen Kunst gilt, diente als Vorlage. In Abaporú sitzt eine überproportionale Figur in einer weiten Landschaft, umgeben von einem Kaktus, unter einem strahlend blauen Himmel. Die Farbpalette – Blau, Gelb und Grün – spiegelt die Farben der brasilianischen Flagge wider.

Für ihr Wandbild übertrug Júlia diese Elemente in ihren eigenen Stil. Ihr Markenzeichen ist eine flächige, fast cartoonartige Ästhetik, die aus ihrer Arbeit als Illustratorin stammt. Das Ergebnis ist eine moderne Interpretation von Amarals Werk, die nicht nur als Hommage an die brasilianische Kunstgeschichte dient, sondern auch eine visuelle Verbindung zwischen Berlin und Brasilien schafft.

Das Power of Female Art-Festival feierte Frauen in der Kunst und setzte ein klares Zeichen für mehr Sichtbarkeit und Gleichberechtigung im Kunstbetrieb. Júlias Wandbild war dabei ein perfektes Beispiel für die Bedeutung weiblicher Kunst – sowohl als Inspiration als auch als aktiver Beitrag zur zeitgenössischen Kunstszene. Ihr Wandbild auf dem Teufelsberg zeigt eindrucksvoll, wie weibliche Künstlerinnen Geschichte schreiben – damals wie heute.

Kunst zwischen Berlin und Brasilien

Júlia Mota Albuquerque stammt aus Minas Gerais, einem großen Bundesstaat im Südosten Brasiliens. Obwohl sie derzeit in Berlin lebt, pendelt sie regelmäßig zwischen beiden Ländern und ist oft auf Reisen – sei es für künstlerische Projekte oder einfach aus Leidenschaft für neue Orte.

Ihr künstlerisches Spektrum ist breit: Sie arbeitet sowohl an digitalen Illustrationen für Branding, Werbung und Publikationen als auch an großflächigen Wandbildern und Installationen. Besonders wichtig ist ihr, Kunst für alle zugänglich zu machen. Deshalb zieht es sie immer wieder in urbane Räume, wo sie mit ihren Murals nicht nur das Stadtbild bereichert, sondern auch lokale Gemeinschaften einbezieht.

Vielfalt und Zusammenhalt als Leitmotive

Die Themen, die Júlia in ihrer Kunst behandelt, drehen sich um Vielfalt, Inklusion und Gemeinschaft. Ihre Murals sind nicht nur farbenfrohe Hingucker, sondern tragen eine tiefere Botschaft: Sie sollen Menschen zusammenbringen und die Städte, in denen sie entstehen, positiv beeinflussen. Genau deshalb fühlt sie sich von belebten Metropolen besonders angezogen – ihre Kunst soll nicht nur gesehen, sondern erlebt werden.

Neben Wandmalerei experimentiert sie regelmäßig mit neuen Medien. Sie illustriert, animiert, bemalt Objekte und beschäftigt sich mit textilen Techniken wie Tufting. Ihr langfristiges Ziel ist es, groß angelegte Installationen im öffentlichen Raum zu schaffen – Projekte, die nicht nur Kunst, sondern auch Interaktion ermöglichen.

Júlias Werke sind mittlerweile in mehreren Ländern zu finden. Ihre Murals zieren Wände in Frankreich, Belgien, Deutschland, Tschechien und Brasilien. Ihre künstlerische Handschrift ist unverkennbar: kräftige Farben, klare Formen und eine verspielte, aber dennoch tiefgründige Bildsprache.

Mit ihrem Beitrag zum Power of Female Art-Festival hat Júlia Mota Albuquerque nicht nur einen neuen Blickfang auf dem Teufelsberg geschaffen, sondern auch ein Stück brasilianischer Kunstgeschichte nach Berlin gebracht. Ihr Werk ehrt die legendäre Tarsila do Amaral und fügt sich gleichzeitig perfekt in Júlias persönliche Vision von Kunst ein: bunt, zugänglich und mit einer starken Botschaft versehen.

Amanda Arrou-tea – Die Kraft der Weiblichkeit in Farbe und Wasser

Die Künstlerin Amanda Arrou-tea, besser bekannt als Mandi Oh, wurde in San Sebastián im Baskenland geboren. Ihre Kunst ist tief verwurzelt in der Verbindung zwischen Weiblichkeit, Wasser und der Suche nach Identität. Zwei ihrer beeindruckenden Wandgemälde sind auf dem Teufelsberg in Berlin zu finden: Summer Solstice (2020) und Born Again (2024), letzteres entstanden im Rahmen des Power of Female Art-Festivals.

Der Ozean als Inspirationsquelle

Schon in ihrer Kindheit fühlte sich Mandi Oh stark zu Meerjungfrauen hingezogen – für sie waren sie keine Fabelwesen, sondern reale Wesen mit einer tiefen symbolischen Bedeutung. Diese Faszination begleitete sie durch ihre gesamte künstlerische Laufbahn. Nach ihrem Studium der Bildenden Kunst zog sie nach Mexiko, wo sie strategisch in der Nähe von Cenoten lebte – jenen magischen, wassergefüllten Höhlen, in denen sie ihre ersten „Meerjungfrauen“ fand.

Ihre Reisen führten sie schließlich nach Berlin, wo sie sich als Künstlerin voll etablierte. Ihre Werke reflektieren weibliche Stärke und hinterfragen die Darstellung des weiblichen Körpers in einer von männlichen Blickwinkeln dominierten Kunstgeschichte.

Summer Solstice – Ein Monument der Freiheit

Das großflächige Wandgemälde Summer Solstice erstreckt sich über fast 120 m² im Innenhof des Teufelsbergs. Es ist Teil ihrer Mermaids-Serie, in der sie Frauen als selbstbewusste, natürliche Wesen darstellt – frei von gesellschaftlichen Erwartungen oder sexualisierenden Zuschreibungen.

Wasser ist für Mandi Oh das perfekte Medium, um diese Botschaft zu transportieren. Es symbolisiert Veränderung, Freiheit und die Verschmelzung von Realismus und Abstraktion. „Mermaids“ stehen für Frauen, die sich in ihrer ureigenen Kraft und Schönheit zeigen, die gehört und nicht objektifiziert werden wollen. In Summer Solstice wird die Magie eines flüchtigen Moments eingefangen – ein Ausdruck von Lebenskraft und Unabhängigkeit.

Born Again – Die Wiedergeburt der Frau

Vier Jahre später, 2024, schuf Mandi Oh im Rahmen des Power of Female Art-Festivals ein weiteres Werk auf dem Teufelsberg: Born Again. Diese Wandmalerei ist eine Hommage an Frauen, die durch Mutterschaft eine neue Identität erlangen.

Das Gemälde zeigt Kristiana, eine Freundin der Künstlerin aus Lettland, die vor Kurzem Mutter geworden war. Mandi Oh reflektiert mit diesem Werk nicht nur den körperlichen Prozess des Lebensgebens, sondern auch den sozialen Wandel, den Frauen nach einer Geburt erleben. Die Gesellschaft beginnt, sie ausschließlich als „Mütter“ wahrzunehmen – ihre vorherige Identität scheint in den Hintergrund zu treten. Born Again feiert diese Transformation und rückt die Frau als Individuum in den Fokus.

Feminismus als roter Faden

In all ihren Werken setzt sich Mandi Oh mit feministischen Themen auseinander. Sie hinterfragt die Objektifizierung des weiblichen Körpers und setzt sich für eine Gleichstellung ein, die das Wort „Frau“ aus gesellschaftlichen Problemen entfernt – denn es sollten nicht nur „Frauenprobleme“ sein, sondern universelle Themen.

Auch ihre kommenden Projekte bleiben dieser Linie treu. Aktuell arbeitet sie mit der EU und der UNESCO an einem neuen Wandbild auf der Insel Ustica in Sizilien, das sich mit Klimawandel und dem Schutz mariner Ökosysteme befasst. In Zukunft will sie ihre Stilrichtung weiterentwickeln – weg vom Hyperrealismus, hin zu einer fantastischen, surrealen Welt.

Ein bleibender Eindruck

Mandi Oh hinterlässt auf dem Teufelsberg nicht nur zwei beeindruckende Murals, sondern auch eine tiefgehende Botschaft. Ihre Kunst fordert auf subtile Weise zum Umdenken auf, indem sie die weibliche Erfahrung, Freiheit und Selbstbestimmung in den Mittelpunkt stellt. Mit ihren Mermaids, der Magie des Wassers und der Stärke der Frauen bleibt ihre Arbeit ein bedeutender Teil der Berliner Kunstszene.

Buchstabe N – DYR – Freiheit und Pop Art im urbanen Kontext

Der Teufelsberg ist ein Symbol für die kulturelle Vielfalt Berlins und ein Ort, an dem Künstler*innen ihre Botschaften auf unverwechselbare Weise ausdrücken können. Damian Yves Rohde, besser bekannt als DYR, ist einer der Künstler, die diesen besonderen Ort geprägt haben. Sein Beitrag zur #FreiheitBerlin-Installation zeigt seine unverwechselbare Handschrift und künstlerische Vision.

„Glitch Bitch“: Ein Statement für Freiheit und Vielfalt

Der Buchstabe „N“ aus der #FreiheitBerlin-Installation trägt den Titel „Glitch Bitch“ und spiegelt Damian Yves Rohdes Verständnis von Freiheit wider. Für DYR Freihet bedeutet: „man kann das machen und sagen, worauf man Lust hat, ohne jemanden zu schaden. Es ist ein Fundament, es eine Basis wo man auch nicht einer Meinung sein muss, sondern auch miteinander in einem respektvollen Rahmen Ansichten vortragen und sich streiten kann.“ In seinem Werk betont er die Bedeutung von Respekt gegenüber Geschlecht, Religion, Kleidung und Lebensstil – unabhängig von persönlichen Vorlieben.

Das Design des „N“ besticht durch leuchtende Farben, kontrastreiche Details und dynamische Formen. Die dargestellten Gesichter, typisch für DYRs Stil, wirken lebendig und ausdrucksstark. Die brillanten Farbakzente und der Einsatz von Mustern wie den „Glitches“ im Hintergrund verleihen dem Werk eine moderne, digitale Ästhetik, die gleichzeitig verspielt und gesellschaftlich relevant ist. Diese Verbindung zwischen Pop Art und sozialem Kommentar macht „Glitch Bitch“ zu einem Werk, das Freiheit im Berliner Kontext perfekt einfängt.

DYR erklärt: „Berlin steht dafür, eine Basis zu sein, wo jeder so rumlaufen kann, wie er oder sie möchte, und sagen kann, was man möchte, solange man nicht respektlos wird.“ Genau diese Essenz von Toleranz und Individualität hat er in seinem Beitrag umgesetzt.

Vom West-Berliner Kind zum international gefeierten Künstler

Damian Yves Rohde wurde 1985 in West-Berlin geboren und wuchs in einem multikulturellen Umfeld auf, das seine künstlerische Entwicklung nachhaltig prägte. Aufgewachsen in der Kreuzberger und Schöneberger Kunstszene, war er von jungen Kunststudentinnen bis hin zu etablierten Künstlerinnen umgeben. Früh entwickelte er eine Affinität zur Kunst, die von der Graffitikultur an der Berliner Mauer sowie durch Besuche in Ausstellungen beeinflusst wurde.

Seit 2020 hat sich DYR verstärkt der Pop Art zugewandt und einen einzigartigen Stil entwickelt. Dabei abstrahiert er Gesichter aus seinem engsten Umfeld, reduziert sie auf die nötigsten Merkmale und erschafft so Werke, die zugleich persönlich und universell sind. Seine Kunst ist nicht nur in Berlin, sondern auch international bekannt – mit Ausstellungen in Paris, London und weiteren Städten.

Zwischen Wildheit und Individualität

Neben seinem Beitrag zur #FreiheitBerlin-Installation hat DYR ein weiteres beeindruckendes Werk im Gallery-Tower geschaffen. Dieses Wandgemälde zeigt eine dynamische Kombination aus menschlichen und tierischen Elementen, die seine Pop-Art-Ästhetik perfekt widerspiegelt.

Im Zentrum des Murals steht ein großer, stilisierter Bärenkopf mit leuchtend orangefarbenen Sonnenbrillen und einem weit geöffneten Maul, das scharfe Zähne zeigt. Der Bär wirkt gleichzeitig aggressiv und verspielt – ein Symbol für die wilde, ungezähmte Energie Berlins, die doch immer mit einer modernen, kulturellen Schicht überzogen ist.

Links und rechts des Bärenkopfes sind abstrahierte menschliche Figuren dargestellt. Diese Personen wurden im gleichen stilistischen Ansatz wie die Gesichter auf dem Buchstaben „N“ gestaltet, der für DYRs Handschrift typisch ist. Die Verbindung von leuchtenden Farben, prägnanten Gesichtszügen und spielerischen Accessoires zeigt DYRs einzigartige Pop-Art-Interpretation von Individualität und Diversität.

Der Hintergrund des Murals ist in dunklen, lebendigen Farbtönen gehalten, die die Figuren und den Bären hervorheben. Die stilistische Parallele zwischen dem Mural und dem Buchstaben „N“ schafft eine erkennbare Linie, die DYRs Handschrift unverkennbar macht. Diese Ähnlichkeit zeigt, wie er seine künstlerische Identität konsequent in verschiedenen Werken einsetzt und gleichzeitig neue Geschichten erzählt.

Karskione – Wenn Kunst, Geschichte und Musik vereint

Am Teufelsberg in Berlin verschmelzen Kunst und Geschichte zu einem einzigartigen Ort, an dem Kreativität keine Grenzen kennt. Der niederländische Künstler Karski Roy Valk, bekannt als Karskione, hat im Mai 2024, während der Live Street Art Woche ein beeindruckendes Wandgemälde geschaffen, das Geschichte, Musik und Kunst auf eindrucksvolle Weise miteinander verbindet.

Eine Hommage an Geschichte und Symbolik

Karskiones Mural zieht die Blicke sofort auf sich: Eine Frau mit nachdenklichem, melancholischem Ausdruck, umgeben von schwebenden roten und blauen Ballons. Bei genauem Hinsehen lassen sich 99 Ballons zählen – eine klare Referenz an Nenas ikonischen Song „99 Luftballons“. Dieses Lied thematisiert die Überwachung und Spannungen während des Kalten Krieges, eine Geschichte, die untrennbar mit der Vergangenheit des Teufelsbergs als Radarstation verbunden ist.

Karski beschreibt seine Inspiration so: „An diesem Ort hat man in der Vergangenheit die Russen überwacht. Wenn ich in Deutschland bin, habe ich diesen Song immer im Kopf. Es war daher der perfekte Ort, um diese Idee umzusetzen, besonders mit den großen weißen Ballons, die früher für die Radarsysteme verwendet wurden.“

Das Werk zeigt Karskiones charakteristische Handschrift: eine perfekte Balance zwischen abstrakten Elementen und realistischer Darstellung. Die schwebenden Ballons vermitteln Leichtigkeit, während Farbtropfen und Details das Mural lebendig wirken lassen. Die harmonische Farbpalette aus Blau- und Rottönen verleiht dem Werk sowohl eine nostalgische als auch zeitlose Atmosphäre.

Doch das Wandgemälde ist mehr als nur eine künstlerische Darstellung. Es ist eine Reflexion über die Geschichte des Teufelsbergs und die Bedeutung von Freiheit und Überwachung. Mit diesem Werk regt Karskione zum Nachdenken an und verbindet die Vergangenheit des Ortes mit der universellen Botschaft von Freiheit und Frieden.

Ein Leben für die Kunst

Karskione, geboren in den Niederlanden, ist eine feste Größe in der internationalen Graffiti- und Street-Art-Szene. Schon mit 10 Jahren begann er seine Reise in die Welt der Kunst, als er nachts heimlich aus dem Fenster kletterte, um seine ersten Werke zu sprayen. Diese Leidenschaft hat ihn nie losgelassen und ihn zu einem weltweit gefeierten Künstler gemacht.

Sein Stil zeichnet sich durch eine einzigartige Kombination aus Fotografie und Graffiti aus, die seinen Werken Tiefe und einen unverwechselbaren Charakter verleiht. Mit lebendigen Farben, dynamischen Details und außergewöhnlicher Kreativität schafft er Kunstwerke, die gleichzeitig abstrakt und realistisch wirken.

Doch Karskiones Kunst geht über Ästhetik hinaus. Er engagiert sich in gemeinnützigen Projekten, arbeitet mit Waisenkindern und gestaltet Murals in Ländern wie Simbabwe, um soziale Botschaften zu vermitteln und Gemeinschaften zu stärken. Seine Werke erzählen Geschichten – von der Vergangenheit, der Gegenwart und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Buchstabe I – Caro Pepe – Kreativität, die bewegt und inspiriert

Auf dem Teufelsberg vereint sich Geschichte mit moderner Kunst – ein Ort, an dem kreative Visionen Gestalt annehmen und Besucher*innen inspiriert werden. Eine der Künstlerinnen, die hier einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, ist Caro Pepe. Die argentinische Künstlerin und Muralistin, die seit 2012 in Berlin lebt, hat zwei beeindruckende Werke geschaffen: den Buchstaben „I“ für die #FreiheitBerlin-Installation und das Wandgemälde „Rebellion in the Carrousel“ im Rahmen des Power of Female Art Festivals 2024.

Visuelle Meditation

Caro Pepe hat mit ihrem Beitrag zur #FreiheitBerlin-Installation das Konzept von Freiheit in ihrer tiefsten, emotionalen Form interpretiert. Ihr Buchstabe „I“ ist nicht nur ein visueller Ausdruck, sondern auch ein philosophischer. Für Caro ist Kunst Freiheit – die Freiheit, Gefühle auszudrücken, Gedanken zu ordnen und sich von schweren Gedanken zu befreien. Sie beschreibt den kreativen Prozess als eine Art Meditation: „Kunst macht mich leichter, erfüllt mich, und befreit mich von unerwünschten Dingen.

Der Hintergrund des Werks zeigt gewundene, lebendige Pinselstriche in verschiedenen Schattierungen von Blau, die wie eine kraftvolle Bewegung wirken – als ob ein unsichtbarer Wind durch das Bild weht. Diese fließende Struktur verleiht dem Buchstaben eine besondere Energie und Dynamik, die Freiheit im Sinne von Bewegung und Veränderung darstellt.

Im Zentrum des Buchstabens befindet sich ein Zweig mit jungen, aufbrechenden Knospen. Dieses Motiv symbolisiert Wachstum, Neubeginn und die Befreiung von starren Strukturen. Die Knospen scheinen fast aus der Bewegung des Hintergrunds herauszuwachsen, was den Eindruck vermittelt, dass sie sich aus inneren Kräften emanzipieren. Dieses Zusammenspiel aus dynamischem Hintergrund und organischem Zentrum zeigt Caro Pepes Fähigkeit, visuelle und emotionale Ebenen miteinander zu verweben. Für Caro ist dieses Werk eine Reflexion über Freiheit als inneren Prozess: „Freiheit, die uns von belastenden Gedanken befreit, und Freiheit, die uns wachsen lässt.“

Introspektive Kunst

Caro Pepe begann ihre künstlerische Laufbahn in der Werbebranche als Art Director in Buenos Aires und Madrid, bevor sie sich entschied, ihre Leidenschaft für Kunst zu ihrem Lebensinhalt zu machen. Mit ihrem Umzug nach Berlin im Jahr 2012 startete sie ihre Karriere als freischaffende Künstlerin und Muralistin. Seitdem hat sie auf der ganzen Welt gemalt und ausgestellt – von Europa über Südamerika bis nach Asien.

Ihre Kunst ist geprägt von einer intimen Auseinandersetzung mit der emotionalen Welt. Besonders bekannt sind ihre „One-Eyed“-Frauen, die in vielen ihrer Werke auftauchen. Sie stehen für Subjektivität und die persönliche Wahrnehmung von Realität. „Wir alle sehen nur einen Teil der Wahrheit und definieren unsere Welt auf dieser Grundlage“, erklärt sie. Diese introspektive Sichtweise durchzieht ihr gesamtes Werk und macht es zu einer tief persönlichen und zugleich universellen Erfahrung.

Kraft und Veränderung

Neben dem Buchstaben „I“ schuf Caro Pepe während des Power of Female Art Festivals 2024 ein beeindruckendes Wandgemälde mit dem Titel „Rebellion in the Carrousel“. Dieses Werk, das auf der Wand der ehemaligen Kantine zu sehen ist, erzählt eine Geschichte von Resilienz und der Kraft, alte Muster zu durchbrechen.

In „Rebellion in the Carrousel“ steht die einäugige Frau im Mittelpunkt, umgeben von einem zerbrechenden Karussell. Das Karussell, ein Symbol für endlose Zyklen und repetitive Muster, wird von der Frau aktiv zerstört. Die fliegenden Fragmente und losen Bänder visualisieren den Moment der Befreiung – ein kraftvoller Akt des Durchbrechens und der Veränderung. Die Frau strahlt Entschlossenheit und Stärke aus, ihre Haltung ist aufrecht, und ihr Blick, obwohl nur mit einem Auge sichtbar, vermittelt Tiefe und Intensität.

Die technische Ausführung des Werkes unterstreicht die Dramatik und Symbolik. Caro Pepes Einsatz von Spray Paint, Acrylfarben und Wandemulsion bringt Bewegung und Lebendigkeit in die Szenerie. Die warmen Kupfertöne, kombiniert mit kühlen Blautönen, schaffen einen spannenden Kontrast zwischen der Stabilität der Hauptfigur und der Dynamik des zerfallenden Karussells. Aus der Nähe betrachtet offenbaren sich fein ausgearbeitete Details – wie die verzierte Mähne der Karussellpferde –, während das Werk aus der Ferne seine imposante Gesamtheit entfaltet.

Dieses Wandgemälde ist nicht nur eine ästhetische Leistung, sondern auch ein tiefgründiges Symbol für den Mut, aus alten Mustern auszubrechen. Es inspiriert die Betrachter*innen, über ihre eigenen Zyklen nachzudenken und den Schritt zur Veränderung zu wagen.

Buchstabe L – RON MILLER – die Köpfe hinter der Geisha

Auf dem Teufelsberg erwecken Künstler*innen aus aller Welt mit ihren Werken Geschichte und Kunst zum Leben. Besonders herausragend ist der Buchstabe „L“ der #FreiheitBerlin-Installation, gestaltet vom Berliner Künstlerduo RON MILLER. Mit ihrer einzigartigen Verbindung aus urbanem Stil, Konzeptkunst und Symbolik erzählen sie Geschichten von Freiheit, Identität und innerer Stärke.

Gefangen doch frei

Der Buchstabe „L“ sticht durch seine dynamischen Farben und starken Symbole sofort ins Auge. Im Zentrum steht eine gelbe Figur, gefesselt mit rosa Schnüren – eine deutliche Metapher für Einschränkungen. Doch die wahre Botschaft liegt in den Details: Die Figur, deren stilisierte Form an RON MILLERs ikonische Geisha erinnert, vermittelt durch ihre Haltung und die leuchtenden Farben eine kraftvolle innere Freiheit. Trotz der äußeren Begrenzungen bleibt ihr Geist unbegrenzt und ungebrochen.

Das Duo beschreibt ihre Vision folgendermaßen: „Freiheit bedeutet, die Möglichkeit zu haben, ohne Zwang und Einschränkungen zu denken, zu handeln und zu entscheiden. Unsere Protagonistin ist sinnbildlich an die Buchstaben getackert. Ihr Körper mag gefangen sein, doch ihre Gedanken schweifen in grenzenlose Weiten. In ihrem Geist blüht die Freiheit auf, ungebunden und unendlich, während ihr Körper festgehalten wird. Ihre Seele tanzt im Licht der unendlichen Möglichkeiten, frei wie der Wind.“

Die Geisha, ein zentrales Leitmotiv von RON MILLER, symbolisiert diese Botschaft perfekt. Inspiriert von einer vergangenen Liebe und der Begeisterung für asiatische Kultur, entwickelte sich das Motiv über die Jahre weiter. Heute steht die Geisha für die dynamische, urbane Identität, die sich an verschiedene Kontexte anpasst. Oft bleibt ihr Gesicht als weiße Fläche gestaltet, was den Betrachtern Raum für eigene Interpretationen gibt.

Zwei Freunde, eine Vision

Hinter dem Duo stehen die besten Freunde Ronny Kindt und Marcus Klüh, deren langjährige Freundschaft die Grundlage ihrer kreativen Vision bildet. Seit 2016 kombinieren sie ihre individuellen Stärken zu einem einzigartigen künstlerischen Stil. Marcus Klüh wuchs als kreatives Kind auf, das schon immer Dinge mit seinen eigenen Händen erschaffen wollte. Seine handwerkliche Begabung spiegelt sich in vielen ihrer Werke wider. Ronny Kindt, mit einem Hintergrund in Grafikdesign und Interior Design, ist seit über zehn Jahren als Creative Director tätig und bringt seine Leidenschaft für Design und asiatische Kultur in ihre Arbeiten ein.

Ihre Kunst verbindet urbane Ästhetik, Pop-Art und konzeptuelle Tiefe. Besonders ihr Leitmotiv, die Geisha, sowie ihre Fähigkeit, komplexe gesellschaftliche Themen wie Kommerzialisierung, Identität und Freiheit aufzugreifen, machen ihre Werke einzigartig.

Gelb, laut, kritisch: Kunstwerk am Turm

Ein weiteres Werk von RON MILLER war am Eingang des Turms auf dem Teufelsberg zu sehen, existiert dort jedoch nicht mehr. Das in leuchtendem Gelb gehaltene Werk trug das provokante Motto „FUCK FAME“, dass sich wie ein grafisches Muster über die gesamte Wand zog. Mit diesem Slogan kritisieren RON MILLER die oberflächliche Vergötterung von Ruhm und Popularität in einer Zeit, in der Kunst und Kultur zunehmend kommerzialisiert und digitalisiert werden. Der Slogan ist zugleich ironisch und ein Aufruf, sich auf Authentizität und künstlerische Freiheit zu besinnen.

Im Zentrum des Werks stand eine große Geisha mit einem roten Rechteck über den Augen und einer Maske, die an eine Schutzmaske erinnerte. Dieses Element verband das Werk subtil mit aktuellen gesellschaftlichen Themen. Ergänzt wurde die Szene durch viele kleine Geishas im Superman- oder lieber Superwoman-Kostüm, die die Wand belebten und die Vielschichtigkeit moderner Identität unterstrichen.

RON MILLERs Beitrag zur #FreiheitBerlin-Installation und ihre weiteren Arbeiten zeigen, wie Kunst gesellschaftliche Themen reflektiert und interpretiert. Die Geisha als Leitmotiv verkörpert die wandelbare Natur urbaner Identität, während ihre Werke gleichzeitig ironisch, tiefgründig und provokativ sind.

Buchstabe R – KOTTITAUBE – Tauben als Ausdruck

Wer das #FreiheitBerlin am Teufelsberg betrachtet, wird von dem mächtigen ‚R‘ in den Bann gezogen. Dieses Werk stammt von Till Jürgens, besser bekannt als KOTTITAUBE, einem Berliner Graffiti-Künstler und Kommunikationsdesigner. Sein Name verweist auf seine Wurzeln am Kottbusser Tor in Kreuzberg, wo er in den 80er Jahren aufwuchs – geprägt vom bunten Leben und der rebellischen Graffitikultur Berlins.

Die Sprache der Tauben

KOTTITAUBE nutzt das ‚R‘, um eine kraftvolle und vielschichtige Geschichte zu erzählen. Auf der einen Seite ist eine Taube von rotem Stacheldraht gefesselt – ein eindringliches Symbol für Einschränkung und Unterdrückung. Auf der anderen Seite löst sich der Stacheldraht, und die Taube fliegt in die Freiheit. Diese Gegensätze visualisieren die Spannung zwischen Kontrolle und Befreiung – eine universelle Thematik, die in vielen Kontexten weltweit relevant ist.

Die Taube selbst ist keine klassische weiße Friedenstaube, sondern eine graue Stadttaube – ein bewusst gewähltes Symbol für das urbane Leben. Sie steht für Anpassungsfähigkeit und Überlebenswillen, geprägt von der rauen Realität in Großstädten wie Berlin, wo KOTTITAUBE selbst aufwuchs.

Auf dem ‚R‘ finden sich die Worte „R wie fRRee Palestine! R wie Rafah! Lasst euch nicht den Schnabel verbieten!“ Diese Botschaften verweisen auf den israelisch-palästinensischen Konflikt und die Stadt Rafah im Gazastreifen, die symbolisch für Blockaden und militärische Auseinandersetzungen steht. Der rote Stacheldraht greift diese Thematik auf und wird zum Sinnbild der Einschränkungen und des gleichzeitigen Wunsches nach Freiheit.

Ein weiteres faszinierendes Detail ist die rote Figur, die auf der Taube reitet und eine weiße Fahne mit einer Wassermelone trägt. Die Wassermelone, deren Farben – Rot, Grün, Weiß und Schwarz – an die palästinensische Flagge erinnern, hat sich als Symbol des Widerstands etabliert. Sie wird oft als subtile Alternative genutzt, um kulturelle Identität und Zusammenhalt trotz Einschränkungen sichtbar zu machen.

Auch die wiederholte Betonung des Buchstabens ‚R‘ ist vielschichtig: „R wie fRRee Palestine!“ und „R wie Rafah!“ spielen nicht nur auf den Buchstaben an, sondern auch auf das Gurren der Taube – ein raues „Grrr“, das für Beharrlichkeit und Widerstandsfähigkeit steht.

Die Details des Kunstwerks sind beeindruckend: die Taube mit entschlossenem Blick, der rote Stacheldraht, der sich wie eine stumme Mahnung durch das Bild zieht, und die surrealen, kristallinen Formen am unteren Rand des Buchstabens. All diese Elemente verdeutlichen die Hindernisse, die überwunden werden müssen, um Freiheit und Frieden zu erreichen.

KOTTITAUBEs Wurzeln

KOTTITAUBE beschreibt sich selbst als einen Künstler, dessen Leben schon früh von Buchstaben geprägt war. Seine Liebe zu Typografie begann in seiner Jugend, als er gemeinsam mit anderen Graffiti-Künstler:innen internationale Anerkennung erlangte. Später vertiefte er seine Leidenschaft durch ein Studium im Kommunikationsdesign, das ihm neue Medien wie 3D-Modellierung, Videoanimation und Virtual Reality eröffnete.

Seine künstlerische Vielseitigkeit ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Leidenschaft für Buchstaben, Farben und Gestaltung. Vom Graffiti in den Straßen Kreuzbergs bis hin zu hochmodernen digitalen Projekten hat er es geschafft, Tradition und Innovation in seiner Kunst zu vereinen.

Eine Taube ohne Gesicht

Im zweiten Stock des Turms am Teufelsberg hat KOTTITAUBE ein weiteres eindrucksvolles Werk geschaffen: eine monumentale Stadttaube mit ausladender Flügelspannweite. Auffällig ist, dass das Gesicht der Taube verborgen bleibt – verdeckt durch eine rote Linie, die wie eine Barriere oder eine Trennlinie wirkt. Dieses Detail lässt Raum für Interpretationen: Es könnte auf die Unsichtbarkeit und das Schweigen hinweisen, mit dem nicht nur Stadttauben, sondern auch Menschen in urbanen oder konfliktreichen Umfeldern oft konfrontiert sind. Es erinnert daran, wie leicht Individuen übersehen oder an den Rand gedrängt werden.

Die kristallinen Strukturen um die Taube, die an zerbrochenes Glas oder Eis erinnern, verstärken den Kontrast zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit. Sie scheinen einerseits Hindernisse darzustellen, andererseits aber auch Schönheit inmitten von Gefahr. Dieses Spannungsfeld macht das Werk zu einer visuellen Metapher für die Herausforderungen des Lebens in urbanen Räumen oder konfliktbeladenen Kontexten.

Das Mural spiegelt KOTTITAUBEs charakteristischen Stil wider: die Auseinandersetzung mit Gegensätzen wie Stärke und Zerbrechlichkeit, Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Die Taube, ein Symbol für Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft, bleibt dennoch ein Mysterium. Sie fordert die Betrachtenden auf, genauer hinzusehen und ihre eigene Interpretation der vielschichtigen Botschaft zu finden.

Mit seinen Werken am Teufelsberg zeigt KOTTITAUBE nicht nur sein künstlerisches Können, sondern auch seine Fähigkeit, komplexe Botschaften durch subtile Symbole und kraftvolle Bilder zu vermitteln. Seine Tauben stehen für Widerstand, Anpassung und den unaufhörlichen Wunsch nach Freiheit – in Berlin und überall auf der Welt.